Cilem Kayni
In diesem Abschnitt könnt ihr meine Wanderung im Detail verfolgen. Von den ersten Schritten, die ich in meinem Heimatland gemacht habe, bis hin zu den entscheidenden Momenten, die mich geformt haben. Die Landkarte zeigt euch die Route, die ich zurückgelegt habe, während die Zeitleiste meine Entwicklung veranschaulicht. Persönliche Einblicke und eine Emotionskurve machen deutlich, wie prägend diese Reise für mich war.
Meine Ankunft in Hannover 1998 als frisch verheiratete Frau war ein völliger Neubeginn. Der Abschied von meiner Familie, meiner Heimat Tarsus in der Türkei und meinen sechs Geschwistern war schmerzhaft. In einem neuen Land, ohne die Sprache zu sprechen, fühlte ich mich verloren und fremd. Das erste, was ich in Deutschland erblickte, war ein Schwein, ein Tier, das ich zuvor noch nie gesehen hatte. Dieses ungewöhnliche Erlebnis schockierte mich, doch gleichzeitig fand ich es sehr amüsant und erfreulich, da ich wusste, dass es in diesem Land viel zu entdecken gab. Neben der Angst mischte sich auch ein Hauch von Aufregung in mein Herz, während ich diesem neuen Kapitel entgegensah.
Entwicklung der türkischen Bevölkerung in Deutschland
© Statistisches Bundesamt
Es fühlt sich fremd an, in einer Wohnung, die ich gemeinsam mit meinem Mann aufbaue. Neue Möbel, neues Zuhause, neues Leben – vieles liegt vor mir. Wie lerne ich die Sprache? Was muss ich tun, um mich hier Zuhause zu fühlen? Wann kann ich arbeiten, und darf ich überhaupt ohne Deutschkenntnisse einen Job aufnehmen? Diese Fragen beschäftigten mich. Zusammen mit meinem Ehemann richteten wir unser Zuhause ein, und es fühlte sich anders an als das Heim bei meinen Eltern und Geschwistern – ein seltsames Gefühl. Er brachte mir vieles bei. Gemeinsam bekamen wir zwei Kinder und lebten uns in das neue Leben ein. Mit jedem Schritt wuchs ich. Ich besuchte einen Deutschkurs, lernte die Sprache, erwarb meinen Führerschein und ging zur Universität, um Tourismus- und Hotelmanagement zu studieren. Mein Leben nahm eine positive Wendung, und ich fand allmählich meinen Platz.
Schulabschluss der Mütter
© Bundesagentur für Arbeit; Statistisches Bundesamt
Nach acht Jahren Ehe scheiterte meine Beziehung, und ich war am Boden zerstört. Die Entscheidung fiel uns beiden nicht leicht. In dieser Zeit reiste ich mit meinen Kindern häufig von Ort zu Ort zu verschiedenen Verwandten und fand schließlich Unterkunft bei einer Bekannten in Stuttgart. Während dieser Zeit schwankte ich oft in meinen Gedanken und machte mir viele Sorgen über unsere Zukunft. Das Ungewisse, was wohl geschehen würde, belastete mich zusätzlich. Ich wusste nicht, wie ich das mit zwei Kindern und meinem unvollkommenen Deutsch bewältigen sollte. Oft hatte ich das Gefühl, ich würde fallen und aufgeben. Doch jedes Mal, wenn ich meine Kinder ansah, glaubte ich fest daran, dass ich es schaffen würde, ein neues Leben für uns zu gestalten.
Entwicklung der Deutschlernenden weltweit
© Auswärtiges Amt
Nach wochenlangen Aufenthalten bei Verwandten und einer langen Reise entschied ich mich, nach Bayern zu ziehen, wo ich aus meiner Heimatstadt in der Türkei Bekannte hatte. Diese halfen mir, eine Wohnung und eine Arbeitsstelle zu finden. Tag für Tag lernte ich, unabhängig zu werden, und entwickelte mehr Selbstvertrauen in das, was ich tat. Viele glaubten nicht daran, dass ich zwei Kinder allein großziehen und als alleinerziehende Mutter erfolgreich sein könnte. Ich setzte mein Studium eine Zeit lang fort, doch es wurde zunehmend schwieriger, da ich die einzige verantwortliche Person für die Kinder war. Dennoch muss ich sagen, dass dies die besten Jahre meines Lebens waren. Ich bin gewachsen, habe Fortschritte gemacht und viel erreicht. Meine Kinder studieren, und ich könnte nicht stolzer auf den Erfolg sein, den ich in Deutschland erzielt habe. Jetzt fühle ich mich in meiner neuen Heimat angekommen.
Alleinerziehende in Deutschland (Eltern und Kinder)
© Bundesagentur für Arbeit; Statistisches Bundesamt